Joggen ist die häufigste Form von körperlicher Betätigung für Bewegungsneulinge. Menschen joggen, weil sie fit werden, Gewicht verlieren oder den Alltagsstress abbauen wollen. Der Laufsport erfordert weder eine Clubmitgliedschaft noch eine besondere Ausrüstung und ist deshalb besonders praktisch. Alles, was es dazu braucht, ist ein Paar Laufschuhe - und die richtige Motivation! Joggen wirkt sich in mehrfacher Hinsicht positiv auf die Gesundheit aus. So kann regelmässiges Laufen unter anderem das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Krebs und Fettleibigkeitsenken. Als Realist gilt aber gleichzeitig zu bedenken, dass mehr Bewegung das Risiko für Muskel- und Knochenverletzungen erhöht. Und es gibt wahrlich nichts, was mehr demotiviert, als endlich den inneren Schweinehund zu überwinden und mit dem Joggen anzufangen, um dann bereits nach wenigen Wochen von einer Verletzung geplagt zu werden.
Dass das Verletzungsrisiko beim Joggen relativ hoch ist, dürfte viele überraschen. In der Tat liegt das Risiko bei 20-40%. Und ist die Verletzung einmal da, ist das Risiko einer Folgeverletzung (gleicher oder neuer Art) im darauffolgenden Jahr 50% höher als bei Personen ohne vorgängige Verletzung. Die meisten laufbedingten Verletzungen (50-75%) sind auf eine Überbeanspruchung zurückzuführen und betreffen die Region vom Knie abwärts. Diese Zahlen sind nicht eben ermutigend. Vor allem aber unterstreichen sie die Notwendigkeit, die eigenen Risiken zu kennen, diese richtig einzuschätzen und, wenn möglich, zu senken, damit ein Lauftraining beschwerdefrei und ohne Motivationsverlust absolviert werden kann.
Die Risikobeurteilung ist multifaktoriell und umfasst die Hauptkategorien intrinsisch (persönlich) und extrinsisch (Umfeld). Zu den intrinsischen Faktoren gehören: Alter, Geschlecht, Body-Mass-Index (BMI), bestehende Verletzungen, Lauferfahrung und physische Veranlagung. Zu den extrinsischen Faktoren gehören: Laufdistanz, Frequenz (Trainingsbelastung), Laufuntergrund und Laufschuh (Alter und Typ). Die Forschungsergebnisse in diesem Bereich sind unterschiedlich und mehrdeutig, was zeigt, dass die Senkung von Laufverletzungsrisiken keine reine Wissenschaft nach gängigem Protokoll ist. Gefragt ist vielmehr ein sorgfältiger Ansatz, bei dem der einzelne Läufer seine individuellen Besonderheiten und Eigenheiten kennen muss. Wenn auch gewisse Risiken nie ausgeschlossen werden können, gilt es, beeinflussbare Faktoren anzugehen, Alternativen zu haben und anpassungsfähig zu sein.
Zu den unbeeinflussbaren Risikofaktoren gehört die Lauferfahrung. Studien haben gezeigt, dass Menschen mit weniger als drei Jahren Lauferfahrung mit einer 2.2-mal grösseren Wahrscheinlichkeit eine laufbedingte Verletzung erleiden werden. Diese Zahl, die den Eindruck erwecken könnte, das Scheitern sei quasi vorprogrammiert, soll uns aber keineswegs entmutigen! Dennoch ist es ausserordentlich wichtig, die eigenen Risikofaktoren zu kennen, richtig einzuschätzen, beinflussbare Faktoren entsprechend anzupassen und jene, die wir nicht beeinflussen können, zu akzeptieren. Laut aktuellsten Forschungsergebnissen sind die häufigsten Faktoren eines erhöhten Risikos für laufbedingte Verletzungen solche, die wir beeinflussen können. Zu diesen Faktoren gehören: Laufdistanzen pro Woche, Lauffrequenz pro Woche und BMI. Nehmen wir den BMI als Beispiel: Läufer mit einem BMI über 27 sind einem hohen Verletzungsrisiko ausgesetzt, was für viele auch gleich der erste Stolperstein ist. In vielen Fällen ist wiederum just die Gewichtsabnahme ein Hauptmotivationsgrund, um überhaupt mit dem Laufen zu beginnen! Eine mögliche Empfehlung zur Senkung des erwähnten Verletzungsrisikos wäre, einige Monate vor Beginn des Lauftrainings Diät zu halten und, nebst Joggen, andere Sportarten zu tätigen, bei denen der BMI ein geringeres Risiko für Verletzungen darstellt (z.B. Radfahren und Schwimmen). Mit Hilfe einer Diät und anderen Formen von körperlicher Betätigung kann der BMI gesenkt und somit der Weg zu einem mehrheitlich laufbasierten Trainingsprogramm geebnet werden.
Das Risiko einer Verletzung sollte dich nicht vom Laufen abhalten, denn die positiven Auswirkungen auf den Körper überwiegen deutlich. Dieser Blog ist in erster Linie der Vorbereitung gewidmet. Je besser die Vorbereitung, desto kleiner das Risiko, auf Hindernisse zu stossen, zu scheitern oder gar aufzugeben.
Nimm früher die Herausforderung an. Konsultiere einen Gesundheitsexperten, um gemeinsam deine intrinsischen und extrinsischen Risikofaktoren zu eruieren und einzuschätzen. Mit diesem Wissen kannst du den richtigen Ansatz finden für deine neue körperliche Betätigung und dabei dein Verletzungsrisiko senken.
Physio & Co in Zusammenarbeit mit Richard Christianson (Physiotherapeut für muskuloskelettale Erkrankungen)